Enzyklopädisches Erzählen und vormoderne Romanpoetik (1400-1700)

Enzyklopädisches Erzählen und vormoderne Romanpoetik (1400-1700)

Veranstalter
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; Leitung: Prof. Dr. Mathias Herweg (Karlsruhe), Dr. Johannes Klaus Kipf (München), Prof. Dr. Dirk Werle (Berlin)
Veranstaltungsort
Bibelsaal in der Bibliotheca Augusta
Ort
Wolfenbüttel
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.10.2015 - 16.10.2015
Website
Von
Bauer, Volker

Enzyklopädisches Erzählen als Form des Erzählens, die gelehrtes Wissen in einem bestimmten – Quantität, Ordnung, relative Vollständigkeit und Entproblematisierung anstrebenden – Zugriff narrativ integriert und diskursiviert, ist ein Phänomen, das in der (Gelehrten-)Kultur des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit floriert.

Im gleichen Zeitraum entwickelt sich die literarische Gattung Roman in einem windungsreichen Prozess von einer Textsorte, die in der zeitgenössischen Poetik schwer fassbar ist – im Mittelalter wird sie auf dem Weg einer impliziten Poetik nur aus den Texten selbst erschließbar; in den frühneuzeitlichen Gattungslehren kommt sie noch nicht vor – zum zentralen literarischen Genre der Neuzeit.

Die Tagung widmet sich der Frage nach literatur- und wissenshistorischen Zusammenhängen dieser beiden Entwicklungen. Dabei greift sie Forschungsergebnisse der letzten Jahre auf und entwickelt sie in konzeptioneller wie empirischer Hinsicht weiter. Das Thema der Tagung bewegt sich im Konvergenzraum von spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Literaturgeschichte, Narratologie und Geschichte der Gelehrsamkeit. Es führt die Gegenstandsbereiche von Mittelalter- und Frühneuzeitforschung planvoll zusammen, um daraus Erkenntnisgewinn für bisher vernachlässigte makroperiodische Prozesse zu beziehen. Diese Zusammenarbeit verspricht innovative Ergebnisse sowie die Überwindung von tradierten Tendenzen disziplinärer Stereotypisierung.

Der Fokus liegt hauptsächlich auf der deutschsprachigen Literatur zwischen 1400 und 1700; indes wird die europäische Literaturgeschichte konsequent in die Untersuchung einbezogen. Der methodische Zugriff ist interdisziplinär und kombiniert alt- und neugermanistische, komparatistische und latinistische Perspektiven.

Programm

Mittwoch, 14. Oktober 2015

12.00 Ankunft

12.30 Begrüßung und Einleitung

Themenschwerpunkt: Grundsätzliches / Begriffsklärungen

12.45 Jan-Dirk Müller: Was könnte ‚enzyklopädisches Erzählen‘ sein?

13.30 Benjamin Gittel: Enzyklopädisches Erzählen und moderne Fiktionalitätstheorien

14.15 Christopher D. Johnson: Konkurrierende Gattungen im frühneuzeitlichen enzyklopädischen Erzählen

15.00 Kaffeepause

Themenschwerpunkt: 15. Jahrhundert

15.30 Tobias Bulang: Gattungshybridität und enzyklopädische Textsortenrabulistik um 1400. Wittenwîlers "Ring"

16.15 Bernd Bastert: Erzählen, Welt und Wissen in deutschen Bearbeitungen französischer Heldenepik

17.00 Ende des Programms

19.00 Abendessen

Donnerstag, 15. Okt. 2015

08.30 Ursula Kundert: Serielle Erfahrung. Legendensammlungen als enzyklopädisches Erzählen

09.15 Christa Bertelsmeier-Kierst: Rekontextualisierung des Wissens: Entfaltung von genealogischem, historischem und philosophisch-theologischem Wissen in Thürings von Ringoltingen "Melusine"

10.00 Kaffeepause

Themenschwerpunkt: 16. Jahrhundert

10.30 Marie-Sophie Winter: "Lernung" und "historie". Narratologische und gattungspoetische Aspekte von Wissensintegration im "Weiskunig" Maximilians I.

11.15 Elisabeth Wåghäll Nivre: Wissen oder Nichtwissen, das ist hier die Frage. Kenntnisse und Erfahrungen von der Stadt als Lebens- und Wirkungsraum im frühneuzeitlichen Prosaroman

12.00 Mittagessen

13.30 Stefan Seeber: Nützliche Unterhaltung. Enzyklopädisches Erzählen als Erfolgsrezept der deutschen Übersetzungen der "Aithiopika"

14.15 Michael Schilling: Wege der Wissensaggregation in der Tierdichtung des 16. Jahrhunderts

15.00 Kaffeepause

Themenschwerpunkt: 17. Jahrhundert

15.30 Stephan Kraft: Zu Eichendorffs Diktum vom Barockroman als einer „toll gewordenen Realenzyklopädie“ und seiner Karriere

16.15 Sylvia Brockstieger: ‚Diskurse‘. Philosophische Spaziergänge im Roman des 16. und 17. Jahrhunderts

17.00 Ende des Programms

18.00 Projektvorstellung im Saal des Anna-Vorwerk-Hauses:
Bernd Bastert/Ursula Kundert: Präsentation der Neuedition und der Digitalisierung des "Herpin"

19.00 Umtrunk im Anna-Vorwerk-Haus

20.30 Abendessen

Freitag, 16. Okt. 2015

08.30 Tanja van Hoorn: Enzyklopädische Lehrdichtung. Opitz’ "Vesuvius"

09.15 Thorsten Burkard: Jesuitische Romanpoetik. Jacob Bidermanns satirischer Erzählzyklus "Utopia" (1640)

10.00 Kaffeepause

10.30 Maximilian Bergengruen: Enzyklopädische Struktur und enzyklopädisches Wissen im Simplicianischen Zyklus

11.15 Simon Zeisberg: Gesprengte Ordungen. Pikareskes Erzählen und enzyklopädisches Wissen in Grimmelshausens "Simplicissimus Teutsch" (1668)

12.00 Mittagessen

13.30 Jörg Wesche: Enzyklopädisches Erzählen als Form des Vaganten

14.15 Christoph Deupmann: Der Affektdiskurs in Daniel Casper von Lohensteins "Arminius"-Roman. Zur Dialogisierung eines Wissensfeldes im Kontext der zeitgenössischen Anthropologie

15.00 Kaffeepause

Themenschwerpunkt: Enzyklopädische Schreibweisen

15.30 Monika Schmitz-Emans: Harsdörffers "Grosser Schauplatz jämmerlicher Mord-Geschichte" als Enzyklopädie der Todesarten

16.15 Manuel Braun/Jonas Kuhn: Romane rechnen. Zur maschinellen Analyse enzyklopädischen Schreibens

17.00 Tagungsende

Kontakt

Dr. Volker Bauer
Herzog August Bibliothek
Postfach 1364
38299 Wolfenbüttel

forschung@hab.de


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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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